Internationale Unternehmenskultur

Erschienen in International Business to go

Was unterscheidet ein erfolgreiches Unternehmen von einem weniger erfolgreichen im internationalen Geschäft? Natürlich bedarf es marktgerechter Produkte oder Dienstleistungen zu den jeweils angemessenen Preisen. Darüber hinaus geht es aber auch um Führung, Organisation und Motivation des Teams sowie die richtige Kommunikation mit den Mitarbeitern. Und das alles in Anbetracht knapper Zeitressourcen.

Es braucht also eine sehr gute Führungskraft, den Kapitän und Leader, sowie die richtige Unternehmenskultur und die passende Organisationsform.

In dem ersten Kapitel in diesem Artikel geht Sergey Frank in „Matrix oder Linie? - Die richtige Organisationsform international“, „Unternehmenskultur – ein zunehmend wichtiger Faktor“ und „Das Wir-Gefühl“ auf die unterschiedlichen Organisationsformen im internationalen Umfeld ein und reißt in „Internationales Controlling – Doch mehr als nur Zahlen“ sowie „Compliance – eine üble Notwendigkeit oder ein notwendiges Übel?“ Themen zu Controlling und dem allgegenwärtigen Schlagwort Compliance an.

Ein Exkurs über „Frauen im internationalen Management“ beschäftigt sich mit der Frage, ob Deutschland in dieser Hinsicht vom Ausland lernen kann.

Matrix oder Linie? – Die richtige Organisationsform international

Der nachhaltige Erfolg im Ausland ist nicht leicht zu erreichen. Er hat viele Väter und hängt, neben zahlreichen anderen Komponenten, auch von der idealen Organisationsform ab.

Diese ist im Ausland für das richtige Verhältnis zwischen Hauptquartier und Tochtergesellschaft bzw. zwischen Hauptquartier und Vertriebspartner von großer Bedeutung. Wir unterscheiden vornehmlich zwei Möglichkeiten der Organisationsform: Matrix und Linie.

In der Linienorganisation ist ein hierarchisch festgelegter Berichts- und Kommunikationsfluss definiert. Das Berichtswesen geht von einer Person in der Tochtergesellschaft funktional zum Hauptquartier.

Demgegenüber gibt es in der Matrixorganisation keine eindeutige personalmäßige Zuordnung. Hier werden stattdessen mehrere Funktionen miteinander verknüpft. Es bestehen neben direkten Unterstellungen auch indirekte Berichtswege (sogenannte „dotted lines“).

Zur Verdeutlichung: Der Vertriebsdirektor einer chinesischen Tochtergesellschaft ist organisatorisch beim Generaldirektor angesiedelt, berichtet jedoch fachlich gleichzeitig auch an den internationalen Vertriebsleiter im Hauptquartier.

Diese Projektorganisation ist sehr anpassungsfähig.

Riskant wird es nur dann, wenn man die interkulturelle und mentalitätsmäßige Prägung im Ausland vernachlässigt.

Ist man in Deutschland stärker daran gewöhnt, mit Matrixorganisationen zu arbeiten, bedeutet das nicht automatisch, dass Führungskräfte aus hierarchisch geprägten Ländern, wie zum Beispiel China oder Mexiko, in einer Matrixorganisation sofort zu integrieren sind und westliche Erwartungen prompt erfüllen.

Hier ist es wesentlich, zunächst eine eher hierarchisch geprägte Führung und Kommunikation zu etablieren und dann Schritt für Schritt mit einer Matrixstruktur aufzuweichen: Man bringt über eine bestimmte Zeit hinweg Top- und Mittelmanagement in der Tochtergesellschaft dazu, über die hierarchische Berichtsebene hinaus auch Matrixfunktionen zu erfüllen.

Wie lässt sich so etwas in der Praxis realisieren? Drei Faktoren sind dafür wesentlich: Zeit, Nachhaltigkeit und Schlüsselpersonen.

Es ist essenziell, internationale Führungskräfte, die eher hierarchisch geprägt sind, wiederholt im Hauptquartier zu schulen. Dabei reicht es nicht aus, diese an Produkteinführungen und Prozessen („Best Practice Workshops“) teilnehmen zu lassen, sondern sie sollten insbesondere auch in die Unternehmenskultur eingeführt werden.

Kurz gesagt: Linie und Hierarchie so weit wie nötig, Matrix und Projektarbeit schrittweise und kontinuierlich, und das jeweils soweit wie möglich.

Die Kommunikation mit solchen Führungskräften sollte vor allem am Anfang häufig und intensiv sein. Daher bietet es sich an, diese im Berichtswesen nicht zu hoch im Hauptquartier anzusiedeln, um ausreichend Zeit für die Kommunikation zu haben.

Der neue chinesische Generaldirektor sollte demnach nicht unbedingt an den Vorstandsvorsitzenden oder an ein Mitglied des Vorstands im Hauptquartier berichten, sondern an jemanden mit einer Funktion, die die hierbei wesentlichen Faktoren - Zeit und Mikromanagement - im Zusammenspiel mit den Aufgaben des chinesischen Direktors abbilden kann.

Entscheidend ist also ein Schritt-für-Schritt-Ansatz für eindeutig identifizierte Schlüsselpersonen, sowohl im Hauptquartier als auch im Ausland.

Sie sollten die unterschiedlichen Unternehmenskulturen verstehen und mehr noch, verinnerlichen. Sie agieren als „Wanderer zwischen den Welten“ und sind eine wesentliche Schnittstelle auf beiden Seiten (Hauptquartier und Tochtergesellschaft).

Unternehmenskultur – ein zunehmend wichtiger Faktor

Mehr als je zuvor spielen Gewinne und Rentabilität von Investitionen (auch „Return on Investment“, kurz ROI, genannt) – kurzum: Profiterwägungen oder auch der sogenannte „Shareholder Value“ – eine wesentliche Rolle.

Dies ist für Unternehmen, gleich welcher Größenordnung, vollkommen nachvollziehbar, da für einen Investor letzten Endes das betriebswirtschaftliche Ergebnis seiner Investition zählt.

Kennzahlen wie Profitabilität, Standort- und Wettbewerbsvorteile, Produktportfolio sowie Vertrieb und Marketing bleiben nach wie vor wichtig.

Betrachtet man jedoch die Einflussfaktoren auf den Unternehmenserfolg etwas näher, gewinnen die handelnden Personen in Führungs- und Spezialisten-Positionen immer mehr an Bedeutung. Eine angemessene und faire Entlohnung ist selbstverständlich, entscheidend ist aber deren Motivation getreu dem Motto: „Warum arbeite ich eigentlich für dieses Unternehmen?“

In diesem Zusammenhang spielt die Unternehmenskultur eine bedeutende Rolle. Für diesen Begriff existieren unzählige Definitionen, doch generell versteht man darunter einen meist ungeschriebenen, manchmal auch in Mission-Statements festgehaltenen Kodex, in welchem die Identifikation mit dem Unternehmen spürbar wird und unter welchem man sich, ähnlich einer Großfamilie, für ein großes Ganzes einsetzt.

Damit sind nicht nur monetäre Erwägungen gemeint. Ganz im Gegenteil: Es geht vielmehr um die gelebte Praxis, wie zum Beispiel die Unternehmensidentität, die Art und Weise des Miteinanders sowie das Erscheinungsbild des Unternehmens nach innen und außen.

Unternehmenskultur – richtig, aber wie?

Wie entsteht eine derartige Unternehmenskultur? Natürlich nicht von einem Tag auf den anderen, sondern mithilfe einer nachvollziehbaren und gelebten Tradition und Praxis, insbesondere durch das tägliche Umsetzen der vorgegebenen Werte.

Entscheidend ist eine Unternehmenspraxis, in der Werte wie Führung durch Vorbild, Internationalität, Professionalität, Kollegialität, eine zielgerichtete und zugleich wertschätzende Kommunikation, ein Arbeiten im Team sowie Compliance im Mittelpunkt stehen. Und dies immer mit Fokus auf ein betriebswirtschaftliches Gesamtziel.

Eine gute und praktizierte Unternehmenskultur geht damit weit über ein positives Betriebsklima hinaus. Als Ergebnis schafft sie eine hohe Identifikation mit dem Unternehmen und erhöht damit automatisch auch die Motivation des Einzelnen.

Konkret sollte man folgendes bedenken:

  • Unternehmenskultur als „Schirm“: Idealerweise ist die Unternehmenskultur mehr als die Summe aller praktizierenden Kulturen im Unternehmen – sie agiert als Leitkultur für die gesamte Unternehmensgruppe.
  • Dezentrale Organisation: Die Unternehmenskultur sollte sowohl vom Hauptquartier als auch von den einzelnen Unternehmensbereichen und Tochtergesellschaften beeinflusst sein. Sie wirkt dezentral und ebenso international. Nur dann können Mitarbeiter die Unternehmenskultur nachvollziehen und leben.
  • Großfamilie: Das Unternehmen als „Großfamilie“ ist tatsächlich noch im postmodernen Zeitalter aktuell. Viele Manager und Mitarbeiter, insbesondere im Ausland, identifizieren sich sehr stark mit einer „Großfamilie“. Dafür sind konkrete Anknüpfungspunkte zu schaffen. Hierfür braucht es einer gelebten Praxis.
  • Authentizität: Man muss tun, was man sagt („walk the talk!“) und dabei alle, insbesondere aber die internationalen Kollegen, emotional abholen.

Gerade bei der Suche nach neuen Führungskräften in Deutschland wie auch im Ausland ist neben allen harten Faktoren eine gelebte Unternehmenskultur das, womit sich neue Mitarbeiter sehr gut identifizieren können und im Idealfall auch identifizieren wollen.

Damit wird die Unternehmenskultur zu einem klaren Wettbewerbsvorteil. Der Wechsel geschieht eben nicht nur für „eine Handvoll Dollar mehr“. Es ist vielmehr der nicht messbare Mehrwert der Unternehmenskultur, welcher die Bindung neuer Manager an das Unternehmen beeinflusst und gleichzeitig die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen verstärkt.

Diese Erfahrungen haben viele, vor allem mittelständische Unternehmen gemacht, die eine authentische Unternehmenskultur – weniger mit Imagebroschüren, sondern mit gelebter Praxis – realisieren und in denen zufriedene Mitarbeiter ihr bestes Aushängeschild sind.

Die tatsächliche Unternehmenskultur führt kein Eigenleben. Sie wird vielmehr zu einem wertvollen Schlüssel in Sachen Führungskräftegewinnung und -bindung sowie Image und Identifikation des Unternehmens im In- und Ausland.

Der weiche Faktor „Unternehmenskultur“ ist eine beachtliche Größe und trägt wesentlich zum wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens bei.

Das „Wir-Gefühl“

Die Fußball-WM 2018 in Russland liegt hinter uns und das Thema „Mannschaft“ war bzw. ist neben allen fußballerischen Fertigkeiten ein spielentscheidender Faktor. Gleiches gilt für das internationale Geschäft. Auch hier ist die Idee des „Teams“ von wesentlicher Bedeutung.

Denn was unterscheidet ein erfolgreiches Unternehmen von einem weniger erfolgreichen? Natürlich bedarf es marktgerechter Produkte oder Dienstleistungen zu angemessenen Preisen. Darüber hinaus geht es aber auch um Führung, Organisation und Motivation des Teams sowie die richtige Kommunikation mit diesem Team.

Es braucht eine gute Führungskraft, den Kapitän, sowie die richtige Kultur. Die Führungskraft schafft zusammen mit einem kleinen Führungsteam Anreize und eine motivierende Atmosphäre für offene Diskussionsprozesse, in die die Ressourcen aller eingebracht werden.

Der Vorgesetzte zeigt mit seinem Verhalten, dass er dem großen Ziel des gesamten Unternehmens dient und behält jederzeit den Überblick. Er entschärft Machtkämpfe und reduziert Politiken im Unternehmen. Zudem gibt er eine klare Rollenverteilung vor und entscheidet, wann Strategieänderungen, auch Paradigmenwechsel genannt, notwendig sind.

Alle verständigen sich darauf, die Gesamtstrategie auf mehrere Teilstrategien herunterzubrechen

Dieses Szenario ist in multinationalen Teams komplexer, weil dort kulturelle Befindlichkeiten bestehen und diese eine zusätzliche Herausforderung darstellen. So sind zum Beispiel viele Asiaten häufig weniger direkt in der Formulierung und Einforderung von Zielen und agieren auf den ersten Blick oft weniger proaktiv als beispielsweise ihre deutschsprachigen Kollegen.

Dies kann aufgrund falscher Erwartungen zu Missverständnissen führen. Besser ist es, einen respektvollen, die interkulturellen Unterschiede beachtenden Umgang miteinander zu pflegen, der Konflikte durchaus zur effektiven Zielerreichung benutzt. „Andersartigkeit ist ein Gewinn“ lautet das Motto: Diese Methode trägt letztlich entscheidend zum Gelingen von Teilstrategien und zum Erreichen des großen Ziels bei.

Teamgeist – leichter gesagt als getan:

Teambuilding ist kein einfaches Instrument. Ein wesentliches Risiko liegt in den unterschiedlichen Spielregeln und Motivationen. Diese gilt es im Detail aufzudecken und dem Gesamtziel unterzuordnen. Dabei ist wichtig, dass die Resultate nicht Einzelnen, sondern dem Team zugeschrieben werden.

Bestehende Konflikte und deren Lösung verstehen sich als notwendige, respektvolle und zugleich zielgerichtete Kommunikation auf dem Weg zum Erfolg. Hier sind informelle und direkte, aber jederzeit verständliche Dialoge hilfreich. Hinzu kommt die Wertschätzung verschiedener Charaktere, wie zum Beispiel Querdenker, Spezialisten und Generalisten.

Aber wie ist tatsächlich ein derartiger Teamgeist zu erreichen? Vielleicht helfen folgende Hinweise:

  • Struktur: Es bedarf einer passenden und stetigen Anbindung aller internationalen Mitarbeiter an das Hauptquartier, gepaart mit einer guten Ausbildung und einem entsprechenden Training.
  • Führung: Diese sollte situativ angepasst sein, „Führung als Vorbild“ zum Leitmotiv haben und sich auch auf der Grundlage der Gegenseitigkeit, der sogenannten Reziprozität, erklären: So würde der Dialog etwa wie folgt beginnen: „Bitte versetzen Sie sich in meine Lage. Wie würden Sie an meiner Stelle handeln, um unsere Ziele zu erreichen?“
  • Schulung: Darüber hinaus sollten alle Mitarbeiter in internationale Projekte eingebunden werden und an möglichst vielen Best-Practice-Prozessen teilhaben.
  • Authentizität: Ein gutes Beispiel für ein hohes Identifikationspotenzial sind konkrete Beispiele von Mitarbeitern, die gleichzeitig gefördert und gefordert wurden und die innerhalb des Unternehmens im In- und Ausland nachvollziehbare Karrieren gemacht haben. Solche schaffen eine hohe Identität und auch den Anreiz, es den beförderten Kollegen gleichzutun.
  • Karrieremöglichkeiten: Konkrete Perspektiven für die Karriere des Einzelnen sind wichtig, aber nicht kurz-, sondern eher mittel- und langfristig ausgelegt.

Gerade heute, im Zeitalter der weltweiten, schnellen und mitunter auch redundanten Kommunikation spielen diese Aspekte eine besondere Rolle. Motivation und Führung machen den Unterschied aus! Insbesondere im Hinblick auf Matrix- und Projektstrukturen, die immer häufiger auftreten, bilden die spezifische Motivation des Einzelnen und die richtige Führung des Teams wesentliche Schlüssel zum Erfolg, um damit ein „Wir-Gefühl“ nachhaltig zu erreichen.

Internationales Controlling – Doch mehr als nur Zahlen?

Controlling als modernes Managementinstrument gewinnt international immer mehr an Bedeutung. Neue Controlling-Instrumente und moderne Telekommunikation ermöglichen es Unternehmen inzwischen, wichtige Zahlen von Geschäftstransaktionen weltweit abzurufen und jederzeit auf ihre Vereinbarkeit mit den geplanten Kennziffern zu prüfen.

Als ein Instrument der Zahlen stößt das Controlling mitunter an seine Grenzen, wenn die interkulturelle Komponente ins Spiel kommt. Unterschiede zeigen sich vor allem in drei Bereichen: der sogenannten Machtdistanz, der Unsicherheitsvermeidung und der Art und Weise der Informationsverarbeitung.

Machtdistanz steht dabei für das Maß, wie sich kulturell geprägte Machtunterschiede in hierarchischen Strukturen auf einzelne Controlling-Systeme auswirken. Im deutschen Kulturumfeld werden Budgets meist von unten nach oben („bottom-up“) erstellt und als gemeinsam erarbeitete, verbindliche Vereinbarung verstanden.

Die Wahrnehmung einer persönlichen Verantwortung auf unteren und mittleren Führungsebenen ist stark ausgeprägt. In Ländern Asiens und Afrikas hingegen erfolgt die Budgeterstellung meist auf der obersten Führungsebene und Zahlen werden als Zielvorgaben von oben nach unten („top-down“) heruntergebrochen. Bei Abweichungen sind die Verantwortlichen nur schwer auffindbar. Deshalb ist die Einführung zielgerichteter Kontrollen wichtig.

Hinsichtlich der Unsicherheitsvermeidung sind westeuropäische Unternehmen aufgrund relativ stabiler wirtschaftlicher Verhältnisse auf die Einschätzung von Risiken fokussiert. Risikomanagementsysteme wie auch laufende Kontrollen im Sinne von detaillierten Soll-Ist-Vergleichen spielen in diesem Zusammenhang eine wesentliche Rolle.

In Ländern mit weniger stabilen Verhältnissen werden Risiken hingegen eher als „gefühlte“ Herausforderung wahrgenommen. Führungskräfte zeigen dort wenig Verständnis für diese häufig als „typisch deutsch“ angesehene Form der Risikoorientierung. An die Stelle von detaillierten Soll-Ist-Vergleichen treten wesentlich rudimentärere Kontrollinstrumente.

Bei der Informationsverarbeitung spielt einerseits das formalisierte, zumeist computergestützte Berichtswesen eine Rolle. Auf der anderen Seite steht die persönliche Kommunikation. Diese Art der Information ist im deutschen Kulturkreis stärker strukturiert, zumeist in Form von Statusterminen und Budgetgesprächen. Während solcher Gespräche werden (vor allem auch negative) Sachverhalte direkt angesprochen und stark sachbezogene Informationen ausgetauscht. Je weiter man sich vom deutschsprachigen Kulturkreis entfernt, umso deutlicher verändern sich diese Gewohnheiten:

So kann das direkte Ansprechen von Negativentwicklungen etwa in asiatischen Ländern als „Gesichtsverlust“ empfunden werden. Ein effizienter Informationsaustausch setzt hier vielfach persönliche Beziehungen voraus, zumindest wenn man erfahren will, was wirklich los ist. Unerlässlich ist dabei die physische Präsenz der Controller vor Ort, da sich fremde Geschäftskulturen nicht einfach per Ferndiagnose erleben lassen.

Traditionell ist es Aufgabe des Controllers, mithilfe von Informationen und Analysen die Basis für Entscheidungen zu schaffen: „Figures are the backbone of the company.“ Darüber hinaus ist ein internationaler Controller ein mit hoher kommunikativer Kompetenz ausgestatteter Co-Pilot. Als kultureller Botschafter führt er dem Hauptquartier die Eigenheiten anderer Länder und deren Konsequenzen für die Geschäfte vor Augen.

Nur wenn der Controller all diese Fähigkeiten mitbringt, wird seine zahlenorientierte Arbeit international erfolgreich sein. Insbesondere wird die Umsetzung seiner Analysen dann nicht durch interkulturelle Schranken behindert. Zahlen sind also doch mehr als nur Zahlen.

Compliance – eine üble Notwendigkeit oder ein notwendiges Übel?

Ein Phänomen aus den USA ist in den vergangenen Jahren in Europa sowie anderen Teilen der Welt relevant geworden: Compliance. Für das allgemeine Verständnis soll zunächst die Definition dieses Begriffs erörtert werden.

Was versteht man unter Compliance?

Der Begriff stammt ursprünglich aus dem Bereich der Medizin, wo Compliance die Befolgung der ärztlichen Anweisung durch den Patienten beschreibt. Im unternehmerischen Sinn versteht man darunter heute das Einhalten von Vorschriften in Form von externen und internen Regeln.

Hiermit sind sowohl öffentlich-rechtliche Gesetze als auch firmeninterne Vorschriften gemeint. Compliance definiert also das korrekte Verhalten eines Unternehmens und aller Mitarbeiter in rechtlicher und ethischer Hinsicht. Damit ist der Begriff viel weiter gefasst als die Summe einer Vielzahl neu eingeführter Gesetze.

Folgendes Fallbeispiel macht die Situation deutlich:

Ein österreichisches mittelständisches Unternehmen aus dem Bereich Spezialchemikalien entscheidet sich, auf dem indischen Markt tätig zu werden. Das Unternehmen ist seit vielen Jahren in Familienbesitz und stolz darauf, als besonders vertrauensvoller Partner am Markt bekannt zu sein.

Bei der Gründung der indischen Tochtergesellschaft begegnet das Unternehmen jedoch bürokratischen Hürden. Der Antrag auf eine erforderliche Lizenz für die Tätigkeit des Unternehmens wird mehrmals aus formalistischen Gründen abgelehnt.

Die Arbeitserlaubnis für die österreichischen Mitarbeiter wird nicht rechtzeitig erteilt, wodurch sich anstehende Projekte erheblich verzögern. Zudem gestalten sich die Mietvertragsverhandlungen schwierig, weil die Tochtergesellschaft noch nicht gegründet ist. Zu allem Überfluss sind die erforderlichen Lieferungen aus unerfindlichen Gründen beim Zoll eingelagert.

Das Management ist sich bewusst, dass die Verzögerungen die Kosten für das Projekt deutlich erhöhen. Daher stellt es Überlegungen an, inwieweit man die Probleme umgehen kann. Muss man unbedingt alle bürokratischen Regeln einhalten?

Die Mitarbeiter könnten doch auch in einem ersten Schritt über ein Touristenvisum einreisen, die ersten Tätigkeiten ließen sich unter Umständen auch ohne die Lizenz durchführen und die Probleme mit dem Zoll könnte man sicher auch anders klären.

Da das Unternehmen stark nach Compliance-Grundsätzen handelt, würde es in diesem Fall nur solche Problemlösungen diskutieren, die im Einklang mit den geltenden Regeln stehen.

Danach wäre es ausgeschlossen, die Mitarbeiter mit einem Touristenvisum einreisen oder bereits ohne eine erforderliche Lizenz tätig werden zu lassen. Selbst wenn es sich hierbei nur um „vorläufige“ Verstöße handeln sollte und die Lizenz lediglich noch nicht erteilt aber bereits beantragt wurde, verbietet Compliance solche Maßnahmen.

Was tun?

Managern ist diese Situationen nur zu gut bekannt: Häufig werden gleiche Themen unter einer neuen Definition als große Innovation und Namen als innovative Errungenschaft verkauft.

Unter einem von Medienlandschaft und Gesellschaft getriebenen Hype muss man als Unternehmen entscheiden, ob man „auf den Zug aufspringen“ sollte, um eine wichtige Entwicklung nicht zu verpassen, oder ob es sich in diesem Fall um einen zu vernachlässigbaren Trend handelt.

Diese Frage stellt sich Managern zum Thema Compliance. Sie müssen hier im Einzelnen kritisch analysieren, ob es sich um mehr als nur eine Modeerscheinung oder eine Neubezeichnung altbekannter Unternehmensvorgänge handelt, oder ob Compliance in heutiger Zeit vielmehr ein wesentliches Instrument nicht nur zur Gesetzestreue, sondern auch für den Erfolg des Unternehmens ist.

Es geht also fast um eine Gewissensfrage frei nach Hamlet: „Compliant oder nicht?“ Das ist hier die Frage!

Compliance im internationalen Kontext

Bislang waren die USA Vorreiter dieser weltumfassenden Thematik. Das amerikanische Antikorruptionsgesetz FCPA (Foreign Corrupt Practices Act) fand aufgrund seiner weitreichenden Anwendung besonderes Interesse.

Im Jahre 2011 folgte das Vereinigte Königreich mit einem neuen, noch wesentlich schärferen Anti-Korruptionsgesetz.

Es zeigt sich ein besonderes Merkmal von Compliance: Sie wirkt international – so wurde in den zurückliegenden Jahren auch ein deutscher Konzern in den USA für sein Fehlverhalten in Russland sanktioniert.

Compliance muss daher als internationale Fortsetzung des Grundsatzes des redlichen Kaufmannes, wie er im Handelsgesetzbuch aufgeführt ist, verstanden werden. Es handelt sich hierbei um ein Mittel zur Umsetzung der Unternehmensphilosophie.

In der globalisierten Wirtschaftswelt steht der Ruf eines Unternehmens für sein weltweites Handeln.

Allerdings muss man in diesem Zusammenhang festhalten, dass Compliance mehr beinhaltet als die reine Einhaltung von Gesetzen und insbesondere auch weit mehr ist als nur ein Instrument gegen Korruption.

Die Schwierigkeit der Compliance liegt vielmehr in einer Art Zweiköpfigkeit: Sie wirkt einerseits international, ist aber im Einzelfall national anzuwenden. Als Folge müssen internationale Standards und Unternehmensstrategien lokal umgesetzt werden.

Dies wiederum wirft interkulturelle Fragestellungen auf: In vielen Ländern fehlt das entsprechende Unrechtsbewusstsein und damit die Bereitschaft, Compliance als Instrument faktisch durchzusetzen. Das bedeutet, dass viele Manager in Kulturen, wo Compliance als nicht so relevant angesehen wird, die Notwendigkeit und Gesetzesmäßigkeit von Compliance nicht unbedingt einsehen.

Es ist manchmal schwierig, lokalen Mitarbeitern in Märkten wie Indien, Indonesien, China oder Russland, verständlich zu machen, dass es sich bei Verstößen gegen Compliance um weit mehr als ein moralisches Vergehen handelt, sondern dass hier beispielsweise amerikanisches oder britisches Antikorruptionsrecht gebrochen wird.

Daher ist es gerade auf diesen Märkten wichtig, dem Geschäftspartner zu signalisieren, dass das Unternehmen so nicht mitspielt und auch nicht mitspielen kann. Es geht um das Vorleben: Eine gelebte Antikorruption durch starke und praktikable Compliance ist ein hervorragender Weg, um sich als vertrauenswürdiger und legal handelnder Partner zu positionieren.

Es ist ein Zeichen dafür, nicht angreifbar und erpressbar zu sein. Schließlich ist man auf dem Markt vertreten, weil das Produkt oder die Dienstleistung sehr gut ist. Am Ende des Tages sollte das bessere Produkt keine illegalen Wettbewerbsvorteile benötigen. Die Einführung von Compliance ist also nicht nur aus ethischen, sondern auch aus betriebswirtschaftlichen Gründen sinnvoll.

Das österreichische Unternehmen aus dem Spezialchemikalienbereich wird sich in diesem Fall fragen, inwieweit es seine mitteleuropäisch geprägten Werte auf dem indischen Markt umsetzen kann. Hierbei ist in einem ersten Schritt zu analysieren, welche Regeln in dem jeweiligen Zielland zu beachten sind. Manche Sachverhalte mögen in Österreich einen Gesetzesverstoß darstellen, werden in anderen Ländern aber toleriert oder gar akzeptiert.

Wie funktioniert Compliance?

Vor der Einrichtung einer effizienten Compliance-Abteilung braucht es eine Analyse des Ist-Soll-Zustandes und die sorgfältige Untersuchung möglicher Risiken. In einem nächsten Schritt gilt es, Compliance-Standards, also einen Verhaltenskodex mit Vorgaben und Richtlinien für die Mitarbeiter weltweit zu definieren.

Der Kodex bildet die Basis für Schulungen, um Führungskräfte und Entscheidungsträger hinsichtlich der gültigen Gesetzgebung auf dem Laufenden zu halten.

Welche Nachteile birgt Compliance?

Ein großer Kritikpunkt an Compliance ist, dass die penible Einhaltung von beispielsweise Anleger-, Datenschutz-, Umwelt-, oder Wettbewerbsrechtsvorschriften das Wachstum hemmen. Das österreichische Unternehmen aus dem Spezialchemikalienbereich sieht sich mit einer ähnlichen Situation konfrontiert.

Die Einhaltung aller Regeln könnte dazu führen, dass kurzfristig höhere Kosten auf das Unternehmen zukommen oder im schlimmsten Fall derart hohe Kosten entstehen, dass das Projekt scheitert.

Das Management könnte zu dem Entschluss kommen, dass man es aus rein wirtschaftlicher Sicht in Kauf nehmen muss, gewisse Regeln zu brechen, da eine zu strenge Auslegung von Compliance das Wachstum hindere.

Dies ist jedoch zu kurz gedacht. Denn letzten Endes geht es bei Compliance auch um die Förderung eines langfristigen, kontinuierlichen und stetigen Wachstums. Dies erreicht man mithilfe einer nicht angreifbaren, also rechtmäßigen und zugleich praktikablen Handhabung von Compliance.

Reputationsgewinn

Das österreichische Unternehmen aus dem Bereich Spezialchemikalien hat dies verinnerlicht und setzt die Umsetzung seiner Tradition und seiner Werte auch in seinen Tochtergesellschaften fort.

Dazu dient insbesondere die Erstellung eines Firmenkodexes, eines „Code of Conduct“, der in Form einer Art Satzung die Werte, Ziele, Maßnahmen und das Auftreten des Unternehmens festlegt.

Compliance-Aspekte aus Sicht der Personalabteilung

Es ist Aufgabe der Unternehmensführung, den Mitarbeitern aufzuzeigen, wie wertvoll Compliance ist. Diese ist in erster Linie dafür da, Schäden mit erheblichem Ausmaß von dem Unternehmen und indirekt auch von den Mitarbeitern abzuwenden.

Denn nur ein wirtschaftlich und juristisch gesundes Unternehmen kann Arbeitsplätze und Entwicklungschancen für die Zukunft garantieren. Damit steht Compliance im ureigenen Interesse des Unternehmens, also der Geschäftsführung, des Vorstands und Aufsichtsrats sowie seiner Mitarbeiter, und darüber hinaus all seiner weiteren Interessensvertreter (Stakeholder).

Dies sind neben den Anteilseignern Gruppierungen wie zum Beispiel Betriebsräte, Personalvertretungen, Lieferanten, Kunden, Kooperationspartner und Politiker. Damit erhält das Hinweisen auf mögliche Compliance-Verletzungen seine Legitimation. Derjenige, der die jeweilige Information preisgegeben hat, auch „Whistleblower“ genannt, verliert so die negative Aura des Verpetzers.

Je mehr man über Compliance nachdenkt, desto mehr sollte man zu dem Schluss kommen, dass sie nicht nur aus ethischer und rechtlicher, sondern mittelfristig insbesondere aus kaufmännischer Sicht sinnvoll und daher möglichst vollständig durchzuführen ist.

Auf einer verlässlichen, rechtmäßigen und vor allem vertrauensvollen Basis lassen sich Geschäfte ohne Zweifel besser tätigen, und das nicht nur mittelfristig, sondern mit langfristig positiven Folgen.

Frauen im internationalen Management

Die Diskussion zu Frauen im Management hat in jüngster Zeit neuen Aufwind erfahren. Konzepte wie Frauenquoten, Frauenstudiengänge oder Frauenkarrierekurse werden sowohl intensiv als auch medial diskutiert. Inzwischen kommt kaum ein Großunternehmen in Deutschland umhin, sich um den Anteil weiblicher Kräfte in den eigenen Führungsriegen bzw. deren Perspektiven auf dem Weg nach oben Gedanken zu machen.

Doch wie sind Frauen im internationalen Vergleich in Führungspositionen repräsentiert? Tatsächlich gibt es weltweit große Unterschiede, was Präsenz und Akzeptanz von Frauen im Geschäftsleben angeht.

Während hierzulande der Anteil von Frauen in Top-Positionen noch sehr gering ist, sind weibliche Führungskräfte in anderen Ländern bereits fester und unabdingbarer Bestandteil des Geschäftslebens.

Im Gegensatz zu Deutschland, wo der Anteil von Frauen in Toppositionen wie Verwaltungs- und Aufsichtsräten und Vorständen der größten börsennotierten Unternehmen bei etwas über 11% liegt, arbeiten beispielsweise in Schweden 24 %, Großbritannien 18 % und in Frankreich 16 % in den Leitungsgremien großer Unternehmen.

Staaten, die auf einer eher anglo-amerikanischen Kultur basieren, haben einen meist höheren Frauenanteil in den Führungsebenen. Und auch in eher patriarchalisch geprägten Ländern wie Russland sind Top-Managerinnen weitaus häufiger anzutreffen.

Die Gründe dafür sind vielfältig: In Skandinavien war die Einführung einer Frauenquote für bestimmte Leitungsgremien wegweisend. In anderen Regionen, wie zum Beispiel Osteuropa, existiert eine simple Notwendigkeit, gut ausgebildete Frauen, die eine Doppelbelastung mit Karriere und Familie erfolgreich bewältigt haben, in Führungspositionen zu besetzen.

Dieses noch aus dem Sozialismus stammende Phänomen, wo viele Frauen schlichtweg ambitionierter und insbesondere auch loyaler waren als ihre männlichen Mitstreiter, hat sich in der post-sozialistischen Ära Osteuropas erfolgreich fortgesetzt.

Dort werden Top-Positionen, vor allem im Finanz- und HR-Bereich, vielfach von Frauen eingenommen. Diese haben oftmals bereits eine eindrucksvolle Karriere hinter sich, sind loyal gegenüber dem Unternehmen und gelten im Gegensatz zu vielen männlichen Kandidaten nicht unbedingt als Jobhopper.

Neben diesen eher individuellen Aspekten gibt es einen weiteren bedeutenden Grund für den stärkeren Frauenanteil in Managementpositionen in anderen Ländern: Insbesondere in den osteuropäischen Ländern bestand eine sehr gute Infrastruktur, was die Kinderbetreuung anbetraf.

Dies ist auch heute oftmals noch der Fall. Zudem unterstützen beispielsweise in Russland traditionell oft die Großeltern die jungen Familien. In Schweden wurde das Angebot an Kindertagesstätten stark ausgebaut, nachdem in den frühen 70er Jahren immer mehr Frauen auf den Arbeitsmarkt drängten.

Auch in Frankreich wurde das Betreuungsangebot auf Drängen der Politik seit den 70er Jahren kontinuierlich ausgebaut. In Ostasien, wie zum Beispiel Hongkong oder Singapur, ist die Kindertagesfrau bzw. Nanny eine Selbstverständlichkeit.

Vom Ausland lernen?

Andere Länder leben es bereits vor: Es ist durchaus möglich, Karriere und Familie zu verbinden. Um dies erfolgreich umzusetzen, müssen jedoch Politik, Gesellschaft und Unternehmen selbst intensives Interesse und Initiative zeigen, Frauen den Weg nach oben zu erleichtern, beispielsweise, indem sie umfangreichere Kinderbetreuungsangebote zur Verfügung stellen.

Aber auch so scheint sich allmählich manche eher konservative Einstellung zu ändern, was weniger an Mindestquoten und Gruppenzwängen als vielmehr an Einzelpersönlichkeiten liegt. Sogar männliche Führungskräfte erkennen inzwischen, dass es sich in einer heterogenen Managementgruppe meist besser und effizienter arbeiten lässt als in einer homogenen Gruppe.

Prinzipiell sind ein Umdenken innerhalb der Unternehmen und ein Wandel hin zu mehr Frauen in Managementpositionen dringend erforderlich. Dies wird natürlich am besten durch einen Paradigmenwechsel im Management gelebt, nicht per Zwang oder Gesetz. Es bedarf einer gelebten Praxis mit guten Beispielen, in denen Frauen mit Begeisterung und ohne dramatische Doppelbelastung Karriere machen und dafür von der Gesellschaft bewundert und bestärkt werden.