Internationales Business in Japan

Erschienen in International Business to go

Zugegeben, Japan als eines der weltweit wichtigsten Industrieländer, hat mittlerweile an wirtschaftlicher Attraktivität und Stärke verloren – Firmenschließungen, Entlassungen und ein teilweises Überdenken früherer Geschäftsstrategien haben nachhaltige Folgen. Das Erdbeben gefolgt von einem riesigen Tsunami und der atomaren Katastrophe in Fukushima im Jahre 2011 haben die Wirtschaft ebenfalls erheblich belastet. Doch auch unter diesen neuen Vorzeichen bleibt Japan ein eminent wichtiger Faktor für die Weltwirtschaft und ein überaus attraktiver Partner für die deutsche Industrie.

Japan blickt zudem auf eine einzigartige Historie und eine einzigartige Entwicklung zurück. Das Land hat eine jahrtausendealte Tradition und Geschichte, die früher vor allem durch Abkapselungspolitik und Eroberungskriege auf dem asiatischen Festland geprägt war.

Zu jener Zeit war Japan für Europa ein weitgehend unbeschriebenes Blatt. Umso erstaunlicher ist die Entwicklung, die das Land und seine Industrien, insbesondere die Automobil- und Computerbereiche, nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs gemacht haben.

Innerhalb weniger Jahrzehnte hat Japan ein in ihrer Dynamik imposantes wirtschaftliches Wachstum und eine weltweite Expansion erlebt.

Ein nach wie vor aktuelles Beispiel ist der Shinkansen. Er wurde 1964 zu den Olympischen Sommerspielen in Tokio eingesetzt. Die Strecke verlief von Tokio über Osaka nach Kyoto und war damals das ultimative Aushängeschild für Moderne und Technologie.

Zu diesem Zeitpunkt fuhren in Westeuropa noch D-Züge als schnellstes Fortbewegungsmittel im Schienenverkehr. Heute nutzen durchschnittlich 155 Millionen Menschen pro Jahr den Shinkansen, wobei ein Zug jährlich eine durchschnittliche Verspätung von 9 Minuten verzeichnet (eingerechnet sämtlicher Naturkatastrophen wie Erdbeben, Tsunami und Taifune).

Es lohnt sich durchaus, einen näheren Blick auf das Geschäfts- und Kommunikationsverhalten dieses perfektionistischen und ultimativ konsumentenfreundlichen Landes zu werfen, um Geschäftskontakte mit Japanern vorzubereiten oder auch zu intensivieren.

Der erste Eindruck

„Kalte Anrufe“ und E-Mails haben als Geschäftsanbahnung in Japan abschreckende Wirkung. Eine direkte Kontaktaufnahme ohne Einführung oder Empfehlung durch eine dritte Person ist daher unüblich.

Wer außerhalb von Messen oder anderen Veranstaltungen mit einem japanischen Unternehmen in Kontakt kommen möchte, sollte einen lokalen Mittler haben. Im Idealfall hat diese Mittelsperson mit beiden Seiten gute und langjährige Verbindungen oder weist einen besonderen gesellschaftlichen Status auf.

Eine derartige Empfehlung ist ein wichtiges Eintrittsticket. Außerdem hilft der Kontaktmann bei Fragen des Protokolls und kann weitere Zusammentreffen - nicht nur mit den unmittelbaren Geschäftspartnern, sondern auch mit den notwendigen Behörden - arrangieren.

Verfassen Sie beim ersten Schriftverkehr das Anschreiben und Firmenmaterialien auch in japanischer Übersetzung, da Ihre Geschäftspartner oftmals nur über unzureichende Englischkenntnisse verfügen. Solche Anstrengungen von deutscher Seite machen einen guten ersten Eindruck und zeigen die Ernsthaftigkeit, mit der Sie mit dem japanischen Unternehmen in Beziehung treten wollen.

Empfehlenswert ist es darüber hinaus, die Teilnehmer einer Geschäftsdelegation im Voraus bekannt zu machen. Dies hilft den japanischen Managern, sich auf die erste Begegnung gründlich vorzubereiten.

Dazu können Sie zum Beispiel im Voraus neben näheren Informationen die Visitenkarten aller Delegationsteilnehmer verschicken. Sie sind das wichtigste persönliche Aushängeschild und ermöglichen es dem Gegenüber, die Funktion und Stellung des Geschäftspartners nachzuvollziehen.

Die Karten sollten idealerweise auf einer Seite in Deutsch oder Englisch verfasst sein und auf der anderen Seite eine japanische Übersetzung haben. Weisen Sie auf Ihre Position und Entscheidungsbefugnisse hin. Auf jeden Fall sollten Sie auf die Geschäftsreise ausreichend Visitenkarten mitnehmen, da jede erste Begegnung mit japanischen Geschäftsleuten mit dem rituellen Austausch der Visitenkarten beginnt.

Die Vorbereitung

Ihre Geschäftspartner werden gut vorbereitet sein. Aufgrund der Andersartigkeit Japans ist eine gründliche Vorbereitung auf die Verhandlungen auch von Ihrer Seite angebracht. Versuchen Sie, so viele Informationen wie möglich im Vorfeld über Ihr Gegenüber zu sammeln und sich über kulturelle Eigenheiten zu informieren.

In der strengen Hierarchie Japans ist es unerlässlich zu wissen, wer im Rang höher und wer niedriger steht.

Dies ist nicht immer ganz eindeutig. Der sehr höfliche Umgangston in Japan verbietet es in der Regel, sich selbst allzu deutlich als Chef darzustellen. Zur Vorbereitung gehört es daher, sich von vornherein Klarheit über die Stellung und Rangordnung der verschiedenen Verhandlungspartner zu verschaffen.

Sollte dies nicht möglich sein, da die explizite Vorstellung aller Teilnehmer im Vorfeld des ersten Zusammentreffens nicht stattgefunden hat, hilft eine gute Beobachtungsgabe. Dazu folgende Tipps:

Die Sitzordnung im Taxi oder im Firmenwagen kann bereits Auskunft über die Rangfolge geben, wenn man die zwei Möglichkeiten kennt: Beim Japanischen Protokoll (bei Firmenvertretern eher üblich) sitzt das ranghöchste Mitglied einer Delegation hinter, der rangniedrigste Mitarbeiter neben dem Fahrer. Beim Französischen (diplomatischen) Protokoll sitzt die wichtigste Person hingegen schräg rechts hinter dem Fahrer, d. h. für westliches Verständnis hinter dem Beifahrer.

In Verhandlungen mit dem japanischen Geschäftspartner wird die Gesprächsführung von japanischer Seite meist von einer Person übernommen. Die wichtigste Person wird in Verhandlungen dabei oft als letzte das Wort ergreifen.

In der Regel trägt ein japanischer Delegationsleiter keine Papiere, keine Tasche und auch keinen Schirm bei sich.

Die Kleidung eines „Bosses“ ist elegant, sichtbar teuer und konservativ. Häufig ist zu beobachten, dass Japaner mit steigender Position auch ihren Schuhen mehr Aufmerksamkeit widmen und diese gepflegter und luxuriöser ausfallen.

Wie gesagt werden Japaner sehr gut auf ein Treffen vorbereitet sein. Dadurch kommt es oft zu lustigen Begegnungen, wo der Japaner die Hand zum Gruß hinstreckt, wohingegen der Ausländer sich höflich verbeugt. Dies ist jedoch keine Peinlichkeit, da Japaner Situationskomik lieben und dies auch als Eisbrecher dienen kann.

Berücksichtigen Sie in Ihrer Vorbereitung auch die spezielle Verhandlungskommunikation Ihrer japanischen Partner. Einerseits ist der Gruppen- und Hierarchiecharakter der Japaner zu beachten: Beziehen Sie alle japanischen Partner in die Gespräche mit ein und behandeln Sie sie mit Respekt, Höflichkeit und Verbindlichkeit. Dem Anführer der Gegenseite gebührt zusätzliche Achtung. Außerdem sollten Sie auf die Gepflogenheit, dass die andere Seite Entscheidungen meist in der Gruppe und nicht vor dem Geschäftspartner trifft, vorbereitet sein.

Ihre Verhandlungsargumentation sollte den Mehrwert Ihres Produkts oder der Dienstleistung für die spezifisch japanische Situation herausstreichen und auf dieser Basis den optimalen Preis ermitteln.

Das erste Gespräch

Für jeden Termin ist es oberstes Gebot, dass Sie nicht verspätet erscheinen. Dies wird als Zeichen mangelnden Respekts und Interesses gegenüber dem japanischen Unternehmen gewertet und kann für Ihre Firma einen Ansehensverlust bedeuten.

Bei der Begrüßung werden die Teilnehmer häufig in der Reihenfolge ihres Ranges vorgestellt. Dies geschieht entweder durch den Mittler oder durch eine in der Vorbereitung involvierte Person, die Informationen zu den einzelnen Vertretern hat.

Dann folgt der rituelle Austausch der Visitenkarten. Diese werden mit dem für die japanische Seite lesbaren Teil überreicht und von der gegenüberliegenden Partei mit Respekt empfangen und studiert.

Wenn diese nicht schon im Vorfeld gesendet wurden, wird die japanische Seite Ihren Visitenkarten viel Aufmerksamkeit widmen. Sie selbst sollten die Karte Ihres Gegenübers mit beiden Händen annehmen und diese ebenfalls aufmerksam durchlesen.

Nach der Begrüßung werden allgemeine Konversationsthemen aufgegriffen, um eine gute, neutrale Atmosphäre herzustellen. Der japanische Gastgeber stellt Fragen nach der Reise, dem Hotel und den ersten Eindrücken.

Fragen privater Natur sollten beantwortet werden. Genauso können Sie Ihrem Gegenüber persönliche Fragen stellen. Zu detaillierte Fragen zur Familie sollten Sie jedoch vermeiden.

Japaner verwenden eine indirekte Kommunikationsform, die für Ausländer nicht immer leicht zu verstehen ist. Daher ist der Einsatz eines guten Dolmetschers sehr wichtig. Während des Gesprächs wird man häufig mit dem Kopf nicken bzw. „ja“ (hai) sagen, um Ihnen zu signalisieren, dass man Ihren Ausführungen (zumindest akustisch) folgt.

Nur in seltenen Fällen hat das „Ja“ etwas mit direkter Zustimmung zu tun. Das „Nein“ (iie) wird in der Kommunikation kaum eingesetzt, stattdessen gibt es zahlreiche Ausdrücke und Betonungen von „vielleicht“, woran man eventuell erkennen kann, ob es sich um ein klares „Nein“ oder tatsächlich um ein „Vielleicht“ handelt.

Im Rahmen wichtiger Kontakte überreicht man dem höchstrangigen Gesprächspartner am Ende der ersten Begegnung ein Gastgeschenk. Dieses sollte die Wertschätzung für das japanische Unternehmen ausdrücken und qualitativ hochwertig sein. Die japanische Seite wird sicherlich ebenfalls ein Geschenk vorbereitet haben. Es darf schon vorher erklärt werden, um was es sich handelt, auspacken sollten Sie es jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt.

Die Verhandlung

Die Kosten für einen guten Dolmetscher machen sich auf jeden Fall bezahlt. Mentalitätskenntnisse der westeuropäischen wie japanischen Seite sind unentbehrlich, ebenso ist es von Vorteil, wenn der Dolmetscher mit Produkten und Technologien des deutschen Unternehmens vertraut ist.

Die japanische Seite wird oft, auch wenn ihre Englisch- oder Deutschkenntnisse durchaus gut sind, einen Dolmetscher heranziehen. Die kurzen Übersetzungsunterbrechungen bieten eine gute Gelegenheit, die gegenüberliegende Seite zu beobachten und sich auf die nächsten Schritte einzustellen.

Bei Besprechungen gibt die Sitzordnung einen Aufschluss über die Rangordnung der japanischen Geschäftspartner. Der mittlere Platz am Tisch ist oft dem ranghöchsten Manager vorbehalten, neben ihm sitzen seine Mitarbeiter nach hierarchischer Position. Ganz am Rand nehmen meist die für die Protokollierung zuständigen Assistenten Platz. Die ausländischen Gäste sitzen auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches mit dem Blick zur Tür.

Am Anfang steht wiederum der Small Talk. In Besprechungen sollten Sie es in aller Regel vermeiden, "amerikanisch" oder auch "westeuropäisch" zu verhandeln, d. h. schnell, direkt und informell zur Sache zu kommen.

Die Prioritäten sind hier gänzlich anders. Im Vordergrund steht zunächst der Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung. Wichtig ist, dass die Verhandlungspartner ein harmonisches Abstimmungsumfeld für das weitere Vorgehen finden.

Direkt auf geschäftliche Anliegen zu kommen wäre falsch. Erst in einem zweiten Schritt werden die zu verhandelnden Themen angesprochen. Aufgrund dieser anderweitigen Prioritätensetzung der Japaner empfiehlt es sich, genügend Flexibilität und Geduld mitzubringen und sich vom eigenem Unternehmen oder Auftraggeber nicht zu sehr die Hände binden zu lassen.

Die eigentliche Besprechung beginnt mit der Vorstellung des eigenen Unternehmens und der Produkte. Dabei werden meist Informationen vorgetragen, die bereits aus den vorher zugesandten Materialien wie auch von der Unternehmenshomepage bekannt sind. Trotz intensiven, beidseitigen Vorrecherchen über den Geschäftspartner geht es immer noch um das Kennenlernen und das langsame Herantasten an die Kernthemen.

Halten Sie Ihre Präsentation nicht zu humorvoll ab, bleiben Sie stringent und geben Sie am Anfang einen Überblick über das, was Sie präsentieren wollen. Betonen Sie in Ihrer Präsentation ruhig die Vorzüge Ihrer Firma, Ihrer Produkte und Dienstleistungen.

Tradition und der Stolz auf das eigene Unternehmen sind in Japan bekannt und nach wie vor belangvoll. Vermeiden Sie jedoch Übertreibungen. Sofern im Adressatenkreis wenig Englisch verstanden wird, sollte man die Präsentation auf Englisch vortragen und zumindest die Dokumentation, die man vorab verteilt („handout documentation“), auch auf Japanisch verfassen.

Im Gegensatz zur westlichen Einstellung, die zugrunde liegenden Vertragsentwürfe in der Regel Punkt für Punkt durchzugehen, zu diskutieren und dabei durch gegenseitige Konzessionen zu Teileinigungen und letztendlich zu einer Gesamteinigung zu kommen, haben die Japaner wie viele asiatische Verhandler einen anderen Zugang:

Sie sehen die Vertragsdokumente als Ganzes und werden Konzessionen nicht beim Durchgehen der einzelnen Punkte, sondern erst viel später, d. h. nach Diskussion des Ganzen oder zumindest eines Großteils der Verträge machen.

Wenn es dann zu Konzessionen kommt, sind japanische Verhandler bewundernswert ausdauernd. Obwohl es angebracht ist, ähnlich zäh zu sein, sollten Sie die Wichtigkeit der Harmonie nicht vergessen und deshalb eine gute Atmosphäre in und um die Verhandlung aufrechterhalten. Hier gilt umso mehr: Zäh, aber immer freundlich.

Es ist wichtig, bei Verhandlungen Geduld zu zeigen, zuzuhören und Fragen gewissenhaft zu beantworten, auch wenn sich verschiedene Fragen ähneln oder wiederholen sollten. Ein erfolgreiches Verhandeln in Japan erfordert viel Anpassung, Konsistenz und Ausdauer.

Die Uhren ticken bei der Anbahnung von Geschäftskontakten langsamer als in Deutschland. Deswegen ist es empfehlenswert, genügend Zeitreserven einzuplanen. Denn erste Geschäftsgespräche führen selten zu Entscheidungen oder Zusagen von japanischer Seite.

Da Japaner ihre Verpflichtungen sehr ernst nehmen, geht mit Geschäftsabschlüssen ein langer Abstimmungsprozess einher. Man sollte es daher tunlichst vermeiden, die japanische Seite unter Zeitdruck zu setzen.

Bei Verhandlungen ist es ebenfalls nicht empfehlenswert, mit erhöhten Forderungen anzufangen, um auf einem niedrigeren Niveau einen Abschluss anzustreben. Basarmentalität liegt der japanischen Seele fern.

Vielmehr sollten Zeichen gesetzt werden, dass ein Interesse an langfristigen, vertrauensvollen Geschäftsbeziehungen besteht und nicht allein das eigene Gewinnstreben im Vordergrund steht. Herstellung von Vertrauen ist eines der wichtigsten Ziele der Gespräche. Loyalitätsrabatte für die japanischen Geschäftspartner sind dabei ein legitimes und attraktives Instrument zum Aufbau langfristiger Geschäftsbeziehungen.

Trotzdem sollte einer aktiven Preisstrategie eine besondere Bedeutung beigemessen werden. Die Durchsetzung auskömmlicher Preise, insbesondere in Zeiten der Rezession, gelingt nur, wenn bestimmte Verhandlungsregeln beachtet werden. Hier einige Anregungen dazu:

  • Es lässt sich nicht vermeiden, während der Geschäftsverhandlung über den Preis zu sprechen. An erster Stelle sollten Sie jedoch den Mehrwert für den Kunden kommunizieren, da Japaner extrem wert- und kundenorientiert sind.
  • Benennen Sie Funktionen oder Anwendungsgebiete Ihrer Produkte/Dienstleistungen, die sich von jenen des Wettbewerbs deutlich unterscheiden. Japaner tendieren dazu, gleichartige Produkte gegenüberzustellen und die Alternative mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis zu wählen.
  • Splitten Sie den Mehrwert des Produkts oder der Dienstleistung in mehrere, unterscheidbare Komponenten und stellen Sie diese nacheinander (nicht zugleich) vor. In der Regel wird der Verkaufspreis des Produktes niedriger gesetzt als die Summe der einzelnen Komponenten. Ihr japanischer Geschäftspartner möchte genau wissen, wofür er sein Geld bezahlt und aus welchen Komponenten sich der Preis zusammensetzt.
  • Finden Sie heraus, welchen konkreten Wert Ihr Gegenüber den einzelnen Produkteigenschaften beimisst und verhandeln Sie entsprechend. Japaner sind ausgesprochen markenbewusst. Daher sollten Sie immer auf die Mehrwert-Eigenschaft eingehen. Hier kann sich ein beachtliches Preispotenzial ergeben.
  • Sollten Preiskonzessionen gemacht werden, bieten Sie höflich Gegenleistungen („tit for tat“) an, zum Beispiel höhere Abnahmemengen, Bündelungen mit anderen Produkten, frühere Bestellungen/Lieferungen. Der japanische Verhandlungspartner wird sein Gesicht wahren wollen. Das Ansehen des einzelnen gegenüber dem Partner, der Gruppe und der Gesellschaft ist sehr bedeutungsvoll. Sie sollten ihm daher etwas geben, womit er sich profilieren und Verluste auf anderen Gebieten bewusst in Kauf nehmen kann.
  • Es ist wichtig, die (Preis-) Entscheidungsträger beim japanischen Kunden zu kennen. Jeder dieser Entscheidungsträger muss mit den aus seiner Sicht relevanten Argumenten angesprochen werden. Für einen Techniker mögen bestimmte technische Eigenschaften des Produkts von Interesse sein. Für den Controller hingegen spielt die Wirtschaftlichkeit die Hauptrolle. Aufgrund des Gruppendenkens in Japan ist es wichtig, mit jedem einzelnen Entscheidungsträger eine Übereinstimmung herbeizuführen.
  • Informieren Sie sich genau zu Wettbewerbspreisen. Die japanischen Kunden werden sich darin bis ins letzte Detail auskennen. Eine wirkungsvolle Argumentation ist nur möglich, wenn der Verkäufer mindestens den gleichen Wissensstand vorweisen kann.
  • Stellen Sie sicher, dass Sie klar kommunizieren. Die Gefahr von Missverständnissen ist aufgrund der Sprach- und Kulturbarrieren ausgesprochen hoch. Wählen Sie einfache Worte und Satzkonstrukte und erklären Sie wichtige bzw. komplizierte Fakten mehrfach in unterschiedlicher Weise.
  • Fassen Sie nach der Abstimmung noch einmal zusammen: Damit stellen Sie sicher, mögliche Missverständnisse im mündlichen Dialog aufzuklären. Und denken Sie daran: „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.“ Bedienen Sie sich deswegen Visualisierungen an der Tafel, um Ihre Informationen und den Diskussionsverlauf besser zu vermitteln. Es erspart Ihnen komplizierte Beschreibungen.

Vergessen Sie bei all dem nicht: Es geht nie um den Preis allein sondern um die Personen. Die persönlichen Beziehungen und das Vertrauen spielen für das Geschäft eine entscheidende Rolle. Das spiegelt sich letzten Endes auch im Preis wider.

Der Vertragsabschluss

In Japan wird der Identifikation mit der Aufgabe und der Fähigkeit, Achtung und Vertrauen zu gewinnen, ein hoher Stellenwert beigemessen. Neue Geschäftsbeziehungen sind nur dann erstrebenswert, wenn der Geschäftspartner verlässlich ist, und eine längerfristige und vertrauensvolle Beziehung aufgebaut werden kann.

Ein formaler Vertragsabschluss bedeutet demnach lediglich, dass die Basis für gute Geschäftsverhältnisse und eine langfristige Kooperation hergestellt ist. Die japanische Seite wird den Vertrag aus diesem Grund eher kurz halten.

Nach japanischer Auffassung steht nicht der Vertrag, sondern die Beziehung im Vordergrund. Es bietet sich an, den japanischen Geschäftspartnern mindestens einmal im Jahr einen Besuch abzustatten, um das geschaffene Vertrauen zu festigen bzw. aufrechtzuerhalten. Hier ist es geschickt, den Senior als allseits geachtete Respektperson einzubinden.

In Japan besteht darüber hinaus nicht immer die in Westeuropa vorherrschende Einstellung einer Vertragskonstanz, wonach Verträge nach Unterzeichnung generell einzuhalten sind („pacta sunt servanda“).

Japanische Verhandler sehen das Vertragswerk nicht als separates Gebilde, sondern als Teil einer Gesamtvereinbarung, wo mündliche Abkommen und persönliches Vertrauensverhältnis genauso viel zählen.

Haben sich Japaner einmal zu einer Zusammenarbeit bekannt, stehen sie dazu, komme was wolle. Man wird auch bei intensiven Veränderungen der Ausgangssituation versuchen, seine Seite des Abkommens einzuhalten. Dies ist nicht auf einen Vertrag gegründet, sondern auf dem Wort, das man gegeben hat.

Das Gruppen- und Gemeinschaftsdenken

In Japan gilt nicht die uns bekannte Priorität des Individuums, sondern die der Gruppe und der Gemeinschaft. Für Verhandlungen bedeutet dies, dass man in der Regel nicht mit einem einzelnen, sondern vielmehr mit mehreren japanischen Partnern gemeinsam spricht. Entscheidungen werden dementsprechend nicht allein, sondern von der Gruppe getroffen.

Deshalb ist es empfehlenswert, im Laufe der Verhandlungen die japanische Seite über neue Gesichtspunkte zu informieren, damit sich diese intern und diskret abstimmen kann. Auf jeden Fall sollte man vermeiden, während der Verhandlungen unerwartet mit neuen Aspekten zu überraschen. Geschieht dies, rechnen Sie damit, dass die Entscheidung vertagt wird.

Das japanische Agieren und Denken in Gruppen setzt sich bei sozialen Angelegenheiten fort, jedoch mitunter anders, als man es von zu Hause gewohnt ist: „Am Abend des zweiten Verhandlungstages haben uns die japanischen Partner nach dem Essen in eine Karaokebar geführt“, berichtet der Verhandlungsführer eines deutschen Automobilzulieferers.

„Zunächst waren wir erstaunt über die detaillierte japanische Kenntnis deutscher Volkslieder. Nach zwei Stunden in der Karaokebar, nach viel Singen und viel Spaß verabschiedete sich der japanische Verhandlungsführer.

Seine Delegation folgte auf dem Schritt, und innerhalb von drei Minuten war der feuchtfröhliche Abend zu Ende.“ Wenn für Deutsche auch ungewohnt, ist dies ein typischer Verlauf eines gemeinsamen japanischen Abends.

Kennt man sich schon etwas besser, gibt es meist eine „Second Party“, die dann deutlich freier gestaltet ist mit open end, wo auch jüngere Teammitglieder verstärkt zu Wort kommen und oft sogar Kritik und Probleme offen besprochen werden.

Denn in Japan gilt, was unter Alkoholeinfluss gesagt wird, ist tabu. Dies ist eine gängige Methode, um Frustration abzubauen genauso wie konstruktive Kritik über Hierarchien hinweg üben zu können.

Die Gesellschaft in Japan ist weitaus stärker vertikal als horizontal gegliedert. Deshalb ist eine Gruppe, mit der man in Japan verhandelt, nicht unbedingt einem Team nach westlichem Verständnis gleichzusetzen.

Zwar besteht das Bedürfnis, innerhalb der Gruppe einen Konsens in der Entscheidung zu finden, "Zen-in-Sanka" genannt. Jedoch bestehen innerhalb dieser Gruppe auch eindeutige hierarchische Regeln, die festlegen, wer der Ranghöchste ist und damit letztlich das Sagen hat.

Gesellschaftliche Aspekte und einige Benimm-Regeln

Die gesellschaftliche Komponente, das soziale Miteinander, ist in Japan sehr wichtig. Auch hier sollten Sie sich von einem lokalen Verbindungsmann oder vom Dolmetscher in die spezifischen Gewohnheiten einführen lassen.

Wenn Sie zum Essen eingeladen werden, überlassen Sie die Bestellung ihrem Gastgeber. Die japanische Küche hat neben Sushi und Sashimi viele einzigartige Köstlichkeiten, wie zum Beispiel das berühmte Kobe-Beef, zu bieten.

Lassen Sie sich von Ihrem japanischen Geschäftspartner darin einweisen. Beim Essen sollten Sie sich den Gesprächsthemen und dem Verhaltenskodex der Geschäftspartner anschließen. Wert gelegt wird auf das gegenseitige Zuprosten, das Aussprechen von Trinksprüchen und das Befüllen des Glases des Tischnachbarn oder Ranghöchsten (je nach Sitzkonstellation oder Wichtigkeit des Treffens). Hierauf sollten Sie sich vorbereiten und einen oder zwei angemessene „Toasts“ aussprechen.

Japaner sind begeisterte Karaokeanhänger. Richten Sie sich darauf ein, mit Ihren Geschäftspartnern in eine Karaokebar zu gehen. Dort wird häufig bei Bier oder Whiskey gesungen und gelacht.

Zeigen Sie, dass Sie Freude an der Gesellschaft haben. Es ist üblich, den Gesprächspartner nicht beim Vor-, sondern ausnahmslos nur beim Familiennamen mit dem Wortanhang -san (= Herr) oder -sensei (= Professor) anzusprechen, es sei denn, er bietet Ihnen den Vornamen an.

Der Körpersprache wird in Japan sowohl in Verhandlungen als auch bei gesellschaftlichen Anlässen eine große Bedeutung beigemessen. Berührungen sind nicht angebracht. Sie sollten wissen, dass Japaner die körperliche Nähe beim Händegeben oder gar ein Schulterklopfen als unangenehm empfinden.

Achten Sie darüber hinaus auf nonverbale Kommunikation, zum Beispiel sind längere und direkte Blickkontakte zu vermeiden. Das berühmte Lächeln der Japaner (im Gegensatz zu Chinesen, die selten lächeln) wird oft als Falschheit gedeutet, liegt jedoch tief in der japanischen Kultur verwurzelt, wo man sein Gegenüber nicht mit den eigenen Problemen belasten möchte und deswegen immer ein freundliches Lächeln aufsetzt, auch wenn man sich nicht danach fühlt.

Zum Schluss noch ein kleiner Tipp: Tragen Sie in Japan möglichst keine Schnürschuhe und achten Sie darauf, dass Ihre Socken in einwandfreiem Zustand sind, da Sie immer wieder Ihre Schuhe ausziehen und in die zur Verfügung stehenden Pantoffeln schlüpfen müssen.

Und auf Tatami (japanischen Strohmatten) werden ausnahmslos keine Schuhe oder Pantoffel getragen! Das ist ein dramatischer Fauxpas, der nur übertroffen wird, wenn man mit Toilettenpantoffeln (die in den meisten Toiletten privat oder in Ryokans (= japanischen Hotels) zur Verfügung gestellt werden) durch das Haus läuft.

Schlussfolgerung

Diese Hinweise zum Kommunikations- und Geschäftsverhalten in Japan, zu Differenzen und Eigenständigkeit sind bei Weitem nicht vollständig. Sie haben den Zweck, den Leser zu sensibilisieren, das Verhalten seines japanischen Geschäftspartners besser zu verstehen und sich dementsprechend genauer auf ungewöhnliche Situationen einzustellen. Auf jeden Fall ist es aber mehr als ein Gewinn, neben der erfolgreichen Geschäftsanbahnung auch das an Kultur und Historie reiche Land näher kennenzulernen.