Fallstricke im chinesischen Markt

Erschienen in Business Guide China

„Soft Skills“ – gar nicht so weich in der Realität

Bei diesen „weichen Faktoren“ handelt es sich im Folgenden weniger um die sog. Soft Skills, wie sie z. B. oft in Bewerbungsgesprächen entscheidend sind.

Vielmehr geht es hier um solche oftmals vernachlässigten oder als selbstverständlich angesehenen Faktoren wie die richtige Verwendung von Visitenkarten, die richtige Kommunikation am (Mobil-)Telefon und das soziale Leben, also Einladungen in Restaurants und die passende Garderobe in China.

Faktoren wie diese sind nicht das entscheidende Kriterium für einen erfolgreichen Geschäftsabschluss oder ein erfolgreiches Projekt in diesem Land, aber ohne sie kann der besagte Erfolg zuweilen unwahrscheinlich werden.

Es geht also um das Thema des Geschäftsprotokolls, d. h. die Regeln und Normen angemessenen Verhaltens bei Geschäften in der chinesischen Kultur.

Visitenkarten in China oder „Karten machen Leute“

Visitenkarten haben bei der Vorstellung der einzelnen Personen im Geschäftsleben generell eine zentrale Bedeutung und Legitimation. Sie zeigen Ihnen, mit wem Sie es zu tun haben und welche Funktion die betreffende Person in dem jeweiligen Unternehmen innehat.

Praxistipp

In China dienen Visitenkarten gar als Prestigeobjekt oder Statussymbol. Sie sind am Anfang die wichtigste Informationsquelle für das Gegenüber und geben Auskunft über das Unternehmen, Funktion des Gesprächspartners und sämtliche wesentliche Kommunikationsdaten. Darüber hinaus sind Visitenkarten eine wichtige und notwendige Erinnerung an die eigene Person.

In Europa tauschen Geschäftspartner ihre Visitenkarten häufig beim ersten Zusammentreffen aus. Die größte Bedeutung haben die kleinen Kärtchen aber im asiatischen Raum, wo zu jedem Geschäftstermin, sei es eine Konferenz oder Verhandlung, Visitenkarten ausgetauscht werden.

In China können Sie also gar nicht genug von ihnen mit sich tragen. Prinzipiell erfährt hier auch jede Visitenkarte nach dem Austausch eine hohe Wertschätzung. Die hierzulande verbreitete Unsitte, das Stückchen erhaltener Pappe gedankenlos in der Brusttasche verschwinden zu lassen, käme bei Chinesen schlecht an.

Sie würden im übertragenen Sinne ihre Person als „abgelegt” betrachten. Darum sollten Sie die empfangene Karte stets mit beiden Händen nehmen und dabei wertschätzend begutachten.

Inhalt und Layout

Richten Sie sich darauf ein, dass Sie im Verlauf Ihrer Unternehmensaktivitäten in China Hunderte oder gar Tausende von Visitenkarten bekommen werden. Neben dem Einhalten des in China typischen Empfangsrituals ist es aber auch wichtig, diesen kleinen Kärtchen als Überreichender einen besonderen Wert beizumessen.

So sollten sie alle notwendigen Informationen wie Name, Funktion im Unternehmen, Adresse, Telefonnummer (Festnetz und Handy), Faxnummer, E-Mail-Adresse und ggf. auch die Internetadresse enthalten und in einem ansprechenden, aber professionellen Layout verfasst sein.

Für die Gestaltung gilt ein (immer noch) eher konservatives Erscheinungsbild. Fotos, exotische Materialien wie Plastik, ausgefallene Farben und Formen sollten Sie eher vermeiden. Weißes Papier, das richtige Format (nicht größer als 9 cm x 5,5 cm) und schlichte Eleganz sind immer gern gesehen.

Praxistipp

Für Ihren Markteinstieg in China bietet es sich an, die Visitenkarten beidseitig zu bedrucken, d. h. auf der einen Seite auf Deutsch und auf der Rückseite auf Englisch. Zudem ist es vorteilhaft, noch einen Schritt weiter zu gehen und die Visitenkarte nicht nur auf Englisch, sondern auf der Rückseite auch in der Landesssprache zu halten. Zur Übersetzung ins Chinesische ist unbedingt ein Profi zurate zu ziehen, der auch Ihren Namen phonetisch in die Sprache überträgt.

Frage nach der Funktion

Visitenkarten sind ein wichtiges Aushängeschild im Geschäft in China. So kommt ihnen vor allem am Anfang eine große Bedeutung zu. Jedoch ist hier eine Gratwanderung wichtig, um einerseits Übertreibungen zu vermeiden, andererseits aber die Relevanz der Position herauszustellen.

Im Zweifel ist es ratsam, als Führungskraft zumindest den Titel „Director“ zu tragen. Demnach sollte beispielsweise ein Abteilungsleiter eines großen Konzerns nicht als „Head of Department“, sondern zumindest als „Director“ bezeichnet werden.

Hintergrund ist das unterschiedliche Verständnis von Funktionen. So ist in China ein „Department Head“ eher eine „kleine Nummer“, ohne dass die Relevanz der jeweiligen Position als solche verstanden wird.

Außerdem sollten Sie bei Übersetzungen beachten, dass viele Funktionen aufgrund unterschiedlicher Ansätze im nationalen Gesellschaftsrecht keine hundertprozentige Entsprechung in China haben.

Praxistipp

Titel und Visitenkarten sind also sehr wichtig, da sie neben dem persönlichen Auftreten den ersten Eindruck der handelnden Person vermitteln. Und nichts ist schwieriger, als die gegebene Position nach einem ersten falschen Eindruck wieder richtigzustellen. Dementsprechend sollten Titel und Visitenkarte die richtige Funktion in ihrer Größe und Einbindung im Unternehmen widerspiegeln. Fragen Sie im Zweifelsfall einen Muttersprachler oder recherchieren Sie im Internet, welchen Titel Personen mit Ihrem Aufgabenumfang in einem Unternehmen Ihrer Größe in China tragen.

Mobiltelefon – in China der gleiche Umgang?

Mobiltelefone, Blackberrys und Smartphones sind heute weltweit selbstverständlich. Sie erleichtern viel reisenden und viel beschäftigten Managern das Leben sehr.

Ad-hoc-Zugang zu E-Mails, gleichzeitige und jederzeitige Verfügbarkeit als Telefonpartner und die Möglichkeit, unterwegs im Internet zu surfen, erleichtern dem einzelnen „Globetrotter“ die Abwesenheit vom Büro.

Es ist möglich, jederzeit ansprechbar und verfügbar zu sein. Doch gelten alle Regeln im Umgang mit Mobiltelefonen und ähnlichen Geräten in China genauso wie in Deutschland? Und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für Sie bezüglich Ihres Auslandsengagements in China?

In stark beziehungs- und interaktionsorientierten Ländern wie China ist es üblich, das Mobiltelefon auf Konferenzen und Treffen durchweg zu benutzen und alle Anrufe anzunehmen oder selbst anzurufen.

Deutsche Geschäftsleute empfinden ein derartiges Verhalten eher als brüskierend und als Zeichen mangelnder Wertschätzung durch den Geschäftspartner. Darauf sollten Sie sich einstellen und ggf. zu Beginn der Konferenz in freundlichem Ton fragen, wie die Spielregeln in Sachen Mobiltelefon sind: „Wollen wir die Telefone benutzen oder abstellen? Falls wir sie benutzen, sollen wir dann bei einem Anruf nur den Hinweis auf Rückruf geben oder anderweitig verfahren?“

Prinzipiell sollten Sie während einer Konferenz Ihr Handy nicht ostentativ auf E-Mails überprüfen. Dies kann in China als Zeichen der Unhöflichkeit interpretiert werden.

Eine Möglichkeit, wichtige Anrufe nicht zu verpassen, ist der Vibrationsalarm, der die Gesprächsrunde nicht unbedingt stört. Gehen Sie kurz hinaus und führen Sie das Telefonat.

Die anderen Gesprächsteilnehmer sollten darüber aber von vornherein informiert sein. Falls Sie beschlossen haben, das Mobiltelefon bewusst einzusetzen, nutzen Sie es durch die Involvierung von Dritten (falls absolut notwendig) dann auch effizient: Sofern Sie andere an einem Gespräch teilhaben lassen wollen, nutzen Sie die Lautsprecherfunktion Ihres Telefons. Damit stellen Sie sicher, dass jeder involvierte Adressat die Information, die Ihnen zugeht, ebenso unmittelbar erhält.

Das Mobiltelefon ist mit all seinen Implikationen Segen und Fluch zugleich. Einer davon sind Klingeltöne. Popsongs und klassische Ouvertüren gehören in die Privatsphäre und nicht in das geschäftliche Umfeld in China.

Bitte vergessen Sie nicht, dass durch die beliebige Verfügbarkeit von Klingeltönen Kunstwerke wie z. B. Beethovens 5. Sinfonie oder „Eine kleine Nachtmusik“ von Wolfgang Amadeus Mozart banalisiert werden. Sie sollten auf jeden Fall den Eindruck vermeiden, als geschmacklos zu gelten. Wählen Sie deshalb besser einen (auf der Verfügbarkeitsskala und nicht musikalisch gemeinten) klassischen Klingelton.

Praxistipp

Es ist anzuraten, dass Sie während Ihrer Arbeitszeiten auch für Ihre Geschäftspartner erreichbar sind. Sollte dies, z. B. aufgrund eines wichtigen Meetings, nicht möglich sein, sollten Sie für den Anrufer die Möglichkeit schaffen, eine Nachricht zu hinterlassen. Für China bietet es sich insbesondere an, die Ansage auf der Mailbox zunächst auf Englisch zu verfassen und erst danach auch auf Deutsch.

Gesellschaftliches ist nicht unwesentlich

Nehmen Sie gesellschaftliche Anlässe unbedingt ernst. Die geschäftlichen Aktivitäten und das Verhandeln in China beinhalten, wie bereits angesprochen, oft auch das soziale Miteinander in einem gesellschaftlichen Umfeld wie z. B. einem Restaurant, einer Hotelbar oder auch, wenn es persönlicher wird, bei einer Einladung zu einem Abendessen im Hause Ihres chinesischen Geschäftspartners.

Hier sind einige Faktoren wesentlich, wie zum Beispiel eine positive Einstellung zu sich selbst, ein gesundes Moralverständnis sowie insbesondere auch ein genuines Interesse an China und seiner Kultur sowie der konkreten Personen gegenüber.

Einer der Grundsätze ist die Frage, was Ihnen selbst wichtig ist und wie Sie den anderen gegenübertreten möchten. Respekt, Achtung, Freundlichkeit, Interesse und Klugheit gehören überall zu den Elementen angemessenen Benehmens.

Dabei ist jedoch nicht zu vergessen, dass gutes Benehmen in China auf keinen Fall bedeutet, sich selbst zu verstellen oder gar eigene Grundsätze zu vernachlässigen. Die Reziprozität, d. h. die Gegenseitigkeit, ist überall auf der Welt vorhanden: Wenn Ihnen etwas wichtig ist, so wird dies der Geschäftspartner aus China zu schätzen wissen, da auch er bestimmte Eigenschaften hat, die ihm am Herzen liegen.

Praxistipp

Im gesellschaftlichen sowie geschäftlichen Umfeld ist außerdem auf Distanzzonen zu achten. Es gehört zum guten Benehmen, zu wissen, wie nah Sie Ihrem Gegenüber kommen können und bis zu welchem Maß körperliche Berührungen, wie etwa Umarmungen, von den Chinesen toleriert werden. In China ist es wichtig, die Distanz zum Gegenüber zu wahren und diesen Bereich nicht zu verlassen, bevor es die andere Seite tut.

Kommunikation und Gesichtswahrung

Auch die Art und Weise, wie Sie mit Ihrem Gegenüber kommunizieren, ist wichtig. Denken Sie daran, dass vor allem das Thema der Gesichtswahrung in China ein bedeutender Faktor ist. Zu offensives und zielorientiertes Verhalten ist dort nicht angebracht.

Deshalb ist es wichtig, ein bestimmtes Vertrauen aufzubauen, welches in China länger als beispielsweise in den USA dauert. Und hier ist das Argument der Reziprozität nicht zu vergessen: Behandeln Sie Ihr Gegenüber so, wie Sie es von ihm erwarten würden, d. h., bringen Sie Ihren Geschäftspartner nicht in Verlegenheit, machen Sie keine, wenn auch ironisch gemeinten, Späße über ihn und kritisieren Sie ihn nicht in unangemessenem Maße.

Dies sollten Sie immer bedenken, auch mit den notwendigen Nuancen, die verschiedene Sprachkenntnisse, unterschiedliches Verständnisniveau und ein indirekter, also anderer Sinn für Kommunikation zwischen Deutschen und Chinesen mit sich bringen.

Praxistipp

Vielleicht bietet es sich bei Beziehungen, bei denen das Vertrauen bereits gewonnen ist, auch an, mittels der Metasprache den Fortgang der Gespräche zu überprüfen, d. h., nicht über die Geschäftsinhalte, sondern darüber, wie auf der Metaebene miteinander gesprochen wird, zu sprechen. Ist es dem Geschäftspartner zu schnell und zu zielorientiert oder geht die Kommunikation auch für ihn gut voran? Diese Kontrollfrage, die Sie stellen können, wenn Sie das Vertrauen gewonnen haben, ist ein gutes Regulativ dafür, das Tempo der Gespräche zu überprüfen und ggf. zu korrigieren.

Kleider machen Leute

Auch die Art und Weise, wie Sie sich kleiden, ist im Geschäft in China äußerst wichtig. Sie hängt u. a. von klimatischen, aber auch von anderen Faktoren ab. Folgendes sollten Sie vor allem hinsichtlich des Designs und der Farbe beachten: Weniger ist mehr.

Vermeiden Sie also zu knallige Farbkombinationen und treten Sie eher dezent und klassisch auf. Denn es geht letzten Endes nicht darum, eine Modenschau vorzuführen, sondern darum, einen gediegenen, eleganten Eindruck zu machen. Im Geschäftsalltag möchte niemand als Sportler oder Frau mit eindeutigen sexuellen Attributen, sondern als Mitarbeiter oder Führungskraft wahrgenommen werden.

Für Männer bedeutet das konservative Kleidung und geschlossene Hemden. Frauen sollten auf kurze Röcke, tief ausgeschnittene Blusen sowie freiliegende Schultern oder Spaghettiträger verzichten. Im Einzelnen sollten Sie Folgendes beachten:

  • In China kann es vorkommen, dass Ihr Geschäftspartner Sie auch nach der Qualität und dem Label Ihrer Armbanduhr, Ihres Aktenkoffers, Ihres Schreibgeräts, Ihres Computers und Mobiltelefons sowie Ihres Schmucks einschätzt. Nehmen Sie also, wenn möglich, nur das Beste mit.
  • Generell gilt auch: besser „overdressed“ als „underdressed“. Kleiden Sie sich demnach professionell, am besten entsprechend der Position, die Sie gerne hätten. Im Zweifel also einen Tick besser als verlangt. Auch Manschettenknöpfe tragen bei Geschäftsmännern zu einer unauffälligen Eleganz bei.

Ein wesentlicher Faktor sind zudem gute Schuhe. In der Regel sollten sie schwarz und klassisch sein. Generell sollten Sie bei beruflichen Anlässen niemals weiße Socken tragen, diese sind dem Sport vorbehalten.

Tragen Sie daher immer schwarze oder dunkle Socken. Darauf wird auch in China Wert gelegt. Die Grundregel lautet, dass die Strumpffarbe immer etwas dunkler sein sollte als die Farbe der Schuhe.

Die besagten Grundregeln des sozialen Miteinanders geben nicht den Ausschlag, ob Sie in China erfolgreich sind oder nicht. Sie sind jedoch Nuancen, die äußerst wichtig sind und die Ihnen auf dem Weg zum erfolgreichen Geschäftsabschluss behilflich sein werden. Daher sollten Sie diese Faktoren nicht als Nebensächlichkeit betrachten, sondern sie stets im Auge behalten und sich danach richten.