Akquisition von Kontakten
Erschienen in Business Guide ChinaLangsames Werben
„Cold Calls“ kann man vergessen. Da erntet man nichts als Unverständnis und höfliche Absagen. „Kaltakquisition ist in China kein geeigneter Weg, um Geschäfte anzubahnen“, weiß der Projektmanager eines deutschen Automobilzulieferers, der hier ein großes Produktionswerk ansiedeln wollte, zu berichten. Chinesische Manager sind es nicht gewohnt, dass ein (potenzieller) Geschäftspartner „mit der Tür ins Haus fällt“.
Vielmehr ist Geduld gefragt und ein langsames und geschicktes „Werben“ um den Partner. Eine erste Kontaktaufnahme kann über eine Handelsmesse, eine offizielle Handelsdelegation, im Lande selbst durch eine internationale Bank, ein Anwalts- oder Wirtschaftsprüferbüro oder den Vertreter der Botschaft erfolgen.
Auch in der Verhandlung selber ist Geschwindigkeit nicht gefragt. Die Liebe zum Vertragsdetail und das Ziel kurzfristiger geschäftlicher Bindungen sind ein Grund für das Scheitern vieler amerikanischer und westeuropäischer Investoren. Das Motto „Time is Money“ und der starre Blick auf rasche Ergebnisse und Renditen führen in China auf den Holzweg.
Wie bereits erwähnt ist es wichtig, zunächst eine positive persönliche Beziehung zum potenziellen Geschäftspartner aufzubauen und sein Vertrauen zu gewinnen. Je besser diese Beziehung ist, desto einfacher und schneller laufen die Verhandlungen.
Ausdauer und Konsistenz im Umgang mit den chinesischen Partnern ist wichtig. Zum Beispiel sollten Sie auf die Situation des eigenen Unternehmens sowie die spezifischen Anforderungen und Wünsche mehrmals eingehen, um Ihren Standpunkt deutlich zu machen.
Außerdem ist es vorteilhaft, chinesischen Geschäftspartnern Informationen über die eigenen Mitbewerber zu geben. Insbesondere sollten Sie den spezifischen Mehrwert der eigenen Produkte und/oder Dienstleistungen im Vergleich zum Wettbewerb klar darlegen. Und da Taten besser sind als Worte, ist es wichtig, mögliche Ergebnisse zu demonstrieren.
Guanxi
Darüber hinaus haben die Chinesen ein spezielles Wort für die geschäftliche Kontaktpflege – Guanxi. Es umschreibt die intensive Pflege eines persönlichen und reziproken Beziehungssystems und geht über ein im westlichen Sinne herkömmliches Networking hinaus.
Der Umgang mit dieser Form der Geschäftsauffassung ist nicht immer einfach. Auf der einen Seite steht ein vertrauensvoller und enger Umgang miteinander. Andererseits erwarten die chinesischen Partner von einem Freund naturgemäß größere Rücksichtnahme und Konzessionen.
Praxistipp
Es gilt das Sprichwort, dass kleine Gefälligkeiten die Freundschaft erhalten. In diesem Spannungsfeld zwischen langsamer Geschäftsanbahnung, engem und vertrauensvollem Umgang sowie dem Streben nach einer „Win-win“-Situation bewegt sich der ausländische Manager. Hier gilt es für ihn ebenso taktvoll zwischen Geschäftssinn und Sympathie wie zwischen Rendite und Vertrauen abzuwägen – ein schwieriger Balanceakt.
Glücklicherweise haben intelligente westliche Geschäftsleute schon immer Geld in China verdient – und trotz einiger Kommunikationsschwierigkeiten stehen die Zeichen auch in Zukunft gut für neue Geschäftsbeziehungen.
Die Chinesen arbeiten hart, um westliche Unternehmen ein- bzw. zu überholen und mit ihnen zu konkurrieren. Für westliche Manager, die darauf aus sind, in China Geschäfte zu machen, gilt der Rat: Eignen Sie sich die Spielregeln an, indem Sie sich Guanxi schaffen. Das brauchen Sie, um in China ein Geschäft aufzubauen. Erwarten Sie keine sofortigen Ergebnisse. Alte Freundschaften wirken erst im Laufe der Zeit Wunder.
Jedes Jahr, das Sie jetzt in China investieren, wird sich in der Zukunft auszahlen – denn in einer Welt, die durch jahrtausendalte Erfahrungen geprägt ist, brauchen junge Beziehungen lange, geduldige Pflege, um gedeihen zu können.
Der Mittelsmann
Generell haben westliche Geschäftsleute in China wenig Chancen auf einen Geschäftsabschluss ohne den Mittelsmann, auch Zhong-jian Ren genannt. Dieser Mittelsmann ist mit dem spezifischen, persönlichen und reziproken Beziehungssystem, das in China vorherrscht und über ein im westlichen Sinne herkömmliches Networking hinausgeht, vertraut.
Im Westen neigen wir häufig dazu, anderen so lange zu vertrauen, bis wir Grund dazu haben, das nicht mehr zu tun. In China ist es etwas anders: Im Geschäftsleben kann Vertrauen nicht aufgebaut werden, da jegliche Art von Geschäftsbeziehung ohne Vertrauen gar nicht erst zustande kommt.
Stattdessen muss Vertrauen mithilfe von Guanxi vermittelt werden. Das heißt, ein Geschäftspartner, dem Sie vertrauen, muss Sie an Geschäftspartner, denen er vertraut, weitervermitteln. Der ausschlaggebende erste Schritt in China in dieser Phase der Verhandlung, die auch „Sondierungsphase“ genannt wird, hilft Ihnen, die persönlichen Kontakte zum jeweiligen Unternehmen oder Geschäftsführer herzustellen.
Ein talentierter chinesischer Mittelsmann ist auch nach dem ersten Meeting unverzichtbar. Denken Sie an das, was während einer typischen Verhandlungssitzung zwischen Chinesen und Geschäftsleuten aus der westlichen Welt passiert.
Anstatt geradeheraus „Nein“ zu sagen, wechseln chinesische Geschäftsleute lieber das Thema, verhalten sich still, stellen eine andere Frage oder antworten, indem sie zweideutige oder unbestimmt positive Ausdrücke verwenden, die einen leicht negativen Unterton haben.
Insbesondere ein chinesischer Muttersprachler vermag die Stimmungen, Intonation sowie die Mimik und Gestik, die chinesische Verhandlungspartner während eines förmlichen Treffens an den Tag legen, zu interpretieren und zu erklären.
Häufig kann nur der Mittelsmann feststellen, was gerade passiert. Wenn ein ungeduldiger Verhandlungspartner aus der westlichen Welt wissen möchte, was die Chinesen von dem Vorschlag halten, werden diese ausnahmslos in ausweichender Weise erwidern, wie z. B. „Lassen Sie uns mal sehen“ oder „Lassen Sie es uns prüfen“ – auch wenn sie denken, dass mit dem Vorschlag etwas nicht stimmt.
Dies ist eine der Situationen, in denen der Mittelsmann eingreifen kann, denn seine Aufgabe ist weniger die Übersetzung von Worten als vielmehr die Vermittlung zwischen den Kulturen.
Praxistipp
Oft kommt es vor, dass beide Parteien dem Mittelsmann offen Dinge sagen können, die sie einander direkt nicht vermitteln könnten.
In China bringt zuerst der Mittelsmann, nicht der eigentliche Verhandlungspartner das zu diskutierende Geschäftsthema ins Gespräch. Er kann darüber hinaus häufig auch Differenzen ausgleichen.
Mittelsmänner sollten also Personen sein, die beiden Seiten gut bekannt sind und Vertrauen genießen, um das Eis langsam zu brechen.
Tatsächlich kann es einem guten Mittelsmann gelingen, eine komplexe Situation und erhebliche Meinungsverschiedenheiten im Rahmen der Verhandlungen wesentlich zu reduzieren. Ebenso wird durch einen langsamen und geduldigen Aufbau von Geschäftsbeziehungen sowie deren Pflege im Sinne des Guanxi Ihre Kontaktakquise von langfristigem Nutzen sein.
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